Nicht nur Konzerne müssen Hinweisgebersysteme eingeführt haben. Spätestens ab 50 Mitarbeitenden ist die Einrichtung einer internen Meldestelle verpflichtend. Selbst kleinere Unternehmen sind nicht aus dem Schneider, denn je nach Tätigkeitsfeld können verschärfte Anforderungen gelten.
Whistleblowing im Mittelstand: Warum das Thema auch „kleine“ betrifft
In vielen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) herrscht noch die Annahme, dass Hinweisgeberschutz nur etwas für Großunternehmen sei. Dabei zeigt die Praxis: Rechtlich relevante Verstöße, Missstände oder Compliance-Verletzungen betreffen Unternehmen jeder Größe.
Typische Risiken im KMU-Kontext:
- Arbeitsrechtliche Verstöße
- Mängel im Arbeits- oder Gesundheitsschutz
- Steuerrechtliche Fragestellungen
- Datenschutzverletzungen
- Verstöße gegen unternehmensinterne Richtlinien
Hinzu kommt: Die Sensibilität für ethisch korrektes Verhalten wächst, sowohl bei Mitarbeitenden als auch in der Öffentlichkeit. Ein fehlender oder schlecht gemanagter Umgang mit Hinweisen kann daher nicht nur rechtliche, sondern auch reputative Folgen haben.
Gesetzliche Vorgaben: Wann sind KMU betroffen?
Die Schwelle für die gesetzliche Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen liegt laut § 12 HinSchG bei 50 Beschäftigten. Dabei zählt jede natürliche Person, inklusive Teilzeitkräfte, geringfügig Beschäftigte, Praktikanten und Leiharbeitnehmende.
Zwei Ausnahmen sind besonders wichtig:
- Unternehmen aus bestimmten Branchen (z.B. Finanzdienstleister, Versicherungen, Unternehmen nach § 2 GwG) unterliegen unabhängig von der Mitarbeiterzahl weitergehenden Hinweisgeberpflichten.
- Auch kleinere Unternehmen können durch Gruppenlösungen, Konzerneinbindung oder externe Dienstleister zur Umsetzung eines Hinweisgebersystems angehalten sein.
Herausforderungen für KMU beim Hinweisgebersystem
Viele kleine Unternehmen tun sich schwer mit der Umsetzung eines gesetzeskonformen Hinweisgebersystems. Häufig fehlen in KMU die personellen Kapazitäten, um eine interne Meldestelle eigenständig zu betreiben. Anders als in großen Organisationen gibt es selten spezialisierte Compliance- oder Rechtsabteilungen, sodass die Einführung eines solchen Systems als zusätzlicher Aufwand empfunden wird, der intern nur schwer zu stemmen ist.
Hinzu kommt die besondere Nähe zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitenden, die in kleinen Betrieben oft eine familiäre Unternehmenskultur prägt. Diese enge Verbindung kann Loyalitätskonflikte hervorrufen und dazu führen, dass potenzielle Hinweisgeber aus Sorge vor persönlichen Spannungen auf eine Meldung verzichten.
Auch auf technischer Ebene stehen viele KMU vor Herausforderungen. Ein digitales Hinweisgebersystem mit sicheren Kommunikationswegen und datenschutzkonformer Dokumentation ist oft nicht vorhanden – sei es aus Budgetgründen oder mangels technischer Expertise.
Nicht zuletzt herrscht in vielen kleinen Unternehmen eine große Unsicherheit darüber, welche Vorfälle überhaupt unter das Hinweisgeberschutzgesetz fallen. Die rechtliche Bewertung möglicher Verstöße, die korrekte Dokumentation eingehender Hinweise und deren sachgerechte Bearbeitung erfordern ein Wissen, das intern nicht immer vorhanden ist. Diese Unsicherheit kann dazu führen, dass Meldungen gar nicht erst eingehen oder falsch behandelt werden, möglicherweise mit gravierenden Folgen.
Lösungsansätze: So können KMU Whistleblowing rechtssicher umsetzen
Trotz dieser Herausforderungen gibt es praxisnahe Möglichkeiten, den Hinweisgeberschutz auch bei kleineren KMU effektiv zu gestalten. Unternehmen können die Pflicht zur Einrichtung einer internen Meldestelle durch externe Dienstleister erfüllen. Diese übernehmen vertraulich und DSGVO-konform den Empfang, die Prüfung und – auf Wunsch – auch das Fallmanagement. Das entlastet interne Ressourcen und schafft Vertrauen bei Hinweisgebern.
Nach § 14 HinSchG dürfen Unternehmen gemeinschaftliche Meldestellen einrichten – etwa im Rahmen eines Unternehmensverbunds, einer Kammer oder eines Verbandes. Diese „Pooling“-Lösung ist besonders für kleinere Betriebe attraktiv.
Aufklärung und Schulung im Betrieb
Ein funktionierendes Hinweisgebersystem steht und fällt mit dem Vertrauen der Mitarbeitenden. Gerade in kleinen Unternehmen ist es essenziell, offen über die internen Meldewege, die Schutzmechanismen für Hinweisgeber und den Ablauf der Hinweisbearbeitung zu informieren. Transparente Kommunikation schafft Verständnis und reduziert Vorbehalte.
Darüber hinaus sollte das Thema Whistleblowing regelmäßig in Schulungen aufgegriffen werden. Insbesondere für Führungskräfte, die eine zentrale Rolle im Umgang mit Hinweisen einnehmen. Solche Maßnahmen erhöhen die Sensibilität im Betrieb und fördern eine Kultur, in der konstruktive Kritik und das Ansprechen von Missständen nicht als Bedrohung, sondern als Beitrag zur Integrität des Unternehmens verstanden werden.
Vertraulichkeit und DSGVO beachten
Auch kleine und mittlere Unternehmen unterliegen bei der Umsetzung eines Hinweisgebersystems den strengen Anforderungen des Datenschutzes. Hinweise müssen vertraulich behandelt und personenbezogene Daten im Einklang mit der DSGVO verarbeitet werden. Das betrifft nicht nur die Art und Weise der Datenerhebung, sondern auch die sichere Speicherung, klar geregelte Zugriffsrechte und die Einhaltung gesetzlicher Löschfristen.
Ein strukturierter, dokumentierter Prozess – etwa zur Zuweisung von Zuständigkeiten, zur Aufbewahrung von Hinweisen und zur Nachverfolgbarkeit der Bearbeitung – bildet die Grundlage für rechtssichere Abläufe. Unternehmen, die diese Aspekte frühzeitig berücksichtigen, vermeiden nicht nur Datenschutzverstöße, sondern stärken auch das Vertrauen potenzieller Hinweisgeber in die Integrität des Systems.
Fazit: Whistleblowing ist kein Luxusthema, sondern Teil moderner Unternehmensführung
Für kleine und mittlere Unternehmen ist Whistleblowing nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern ein wichtiger Bestandteil verantwortungsvoller Unternehmensführung. Wer Mitarbeitenden sichere, vertrauliche Kanäle für Hinweise bietet, schafft Vertrauen, beugt Risiken vor und schützt sich selbst vor größeren Schäden.
Mit pragmatischen Lösungen – etwa durch die Auslagerung an externe Anbieter – lässt sich ein wirksames Hinweisgebersystem auch ohne großen Aufwand rechtssicher implementieren. Wir bieten effiziente Lösungen an, inklusive externer Meldestelle, rechtlicher Prüfung und technischer Umsetzung. Nutzen Sie unsere kostenlose Erstberatung, um mehr zu erfahren.